In 2025 arbeitet im Rahmen eines Citizen-Science-Projektes auch in Renningen/Malmsheim eine Gruppe im bundesweit stattfindenden Flow-Projekt: was heißt das?
Citizen-Science-Projekt heißt, dass interessierte Freiwillige aus der Bevölkerung mit Unterstützung von Wissenschaft und Medien Daten sammeln und Untersuchungen durchführen. Konkret: Unter dem Motto „Fließgewässer erforschen und gemeinsam Wissen schaffen“ setzt sich das FLOW-Projekt seit 2022 für die Beobachtung und den Schutz von Fließgewässern ein und fokussiert dabei auf kleine Bäche oder Kleinflüsse, die bisher aus dem wissenschaftlichen Monitoring herausgefallen sind. Und das ist auch bitter nötig: Wussten Sie, dass nur 8% der (großen und mittleren!) Flüsse in Deutschland in einem guten ökologischen Zustand sind (Stand: 2022)? Und dass Daten zu kleinen Fließgewässern gänzlich fehlen? Dabei wird Wasser eines der Kernthemen der nächsten Jahre und Jahrzehnte werden!
Übrigens: genau aus diesen Gründen wurde dieses Projekt auch medial unterstützt durch die ARD-Mitmachaktion „Unsere Flüsse – wie retten wir Deutschlands Lebensadern“, die von Mai bis Oktober 2024 stattfand und immer noch in der Mediathek anzuschauen ist. Hier wird sehr anschaulich dargestellt, warum das so wichtig für uns alle ist.
Worum genau geht es in diesem Flow-Projekt?
Bundesweit haben in der Vergangenheit 96 Gruppen mit über 900 Teilnehmenden an einer standardisierten Datenerhebung gearbeitet und so eine erste aktuelle und gleichzeitig völlig neue Wissensbasis zum Gewässerzustand von Kleinflüssen geschaffen. Das wollen wir erweitern: in Renningen/Malmsheim hat sich eine Gruppe konstituiert aus Mitgliedern des NABU sowie dem 1.AnglerClub Renningen (1.ACR)die den Zustand des Maisgraben untersuchen werden, unserem kleinen Fließgewässer in Renningen, das in den größeren Rankbach mündet.
Eine spannende Aufgabe für uns alle – wie bewertet man den ökologischen Zustand von unserem Maisgraben? Dazu haben wir viel gelernt in den vergangenen Monaten, gelesen, an Weiterbildungen teilgenommen, mit Spezialisten geredet , bei einer Gruppe in Ditzingen mitgeholfen, die schon länger dieses Projekt unterstützt und wir sind alle sehr gespannt und neugierig, was wir herausfinden können.
Die für uns wichtigste Frage ist: Wie bewertet man den ökologischen Zustand von einem kleinen Fließgewässer wie unserem Maisgraben. Das ist die Aufgabe.
Wir alle kennen den Verlauf größerer und kleinerer Fließgewässer, solche, die wir als Rinnsal bezeichnen würden, und auch solche, die mit Kraft und Würde ihren Weg durch die Landschaft mäandern. Fließendes Wasser hat viel Kraft: es kann Landschaften gestalten, Gestein zu Sand mahlen, Gebiete überschwemmen und mit Sedimenten bedecken. Aber Flussläufe können auch „sterben“, wenn ihre natürliche vitale Kraft in ein starres Korsett gezwängt oder massiv industriell genutzt wird oder beliebig Schadstoffe einfließen können. Mit Folgen, die wir praktisch täglich selbst erleben können oder den Nachrichten entnehmen müssen: Verschmutzung, Fischesterben, katastrophale Überschwemmungen, Klimawandel, Artenverlust etc.
Die Merkmale eines vitalen Gewässers, wie sie auch für den Maisgraben gelten, sind zum einen die Wasserqualität, ein möglichst natürlicher Gewässerverlauf mit kleinen Verzweigungen und Inseln aus Pflanzen oder Steinen, unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten und Wassertiefen zum anderen aber auch das Leben im Wasser und am Wasser, also an den Gewässerufern.
Wenn Sie selbst einmal einen kleinen Spaziergang am Maisgraben entlang machen, können Sie auf diese Kriterien achten und selbst schon einen ersten Eindruck bekommen.
Zum „Leben im Wasser“: zu den bekanntesten Tieren in Gewässern gehören natürlich Fische, aber auch Amphibien, wenngleich diese wechselnd im Wasser und an Land leben. Und zahlenmäßig am meisten sind Lebewesen am Gewässergrund zu finden: mit bloßem Auge sichtbare wirbellose Tiere (Makrozoobenthos genannt). Dazu gehören Lebewesen, die ihr ganzes Leben im Wasser verbringen wie Strudelwürmer, Muscheln, Schnecken und Egel; aber auch solche, die nur einen Teil ihres Lebens, nämlich die Larvenzeit, im Wasser verbringen und uns eher als Landlebewesen vertraut sind wie etwa Eintagsfliegen, Steinfliegen, Libellen etc.
Zum Lebensraum „Wasser“ gehören natürlich auch die Ufervegetation mit all den Lebewesen, die am Wasser, also in den Gehölzen, Sträuchern am Ufer leben wie Insekten, Vögel, Klein- und Kleinstlebewesen. Ihr Spaziergang entlang des Maisgraben wird mit Sicherheit von viel Gezwitscher und Gesumme aus den Uferrandstreifen begleitet sein und ein deutliches Signal von dem innigen Zusammenhang vom Leben im und Leben am Wasser geben.